Hondos Giro-Tagebuch / 12. Etappe

Einfach dem Gefühl gefolgt

Von Danilo Hondo

Foto zu dem Text "Einfach dem Gefühl gefolgt"
Danilo Hondo (Trek) | Foto: Cor Vos

22.05.2014  |  (rsn) - Ja, wer gestern einen neuen Eintrag in meinem Tagebuch suchte, hat das tatsächlich vergeblich getan. Ich bin ehrlich: Ich hatte einfach keine Lust, mir nach dem langen Tag noch Gedanken zu machen, was ich schreibe, denn auch wenn die Etappe auf den ersten Blick nicht die ganz großen Schwierigkeiten beinhaltet hat, war sie doch gefühlt die bisher schwerste.

Und was habe ich euch gesagt: Fast hätte der Bart von Simon Geschke in Savona so richtig gestrahlt und Didi hat die Kurbel auch wieder glühen lassen. Wobei er gestern wirklich Pech hatte. Erst hat es knapp 100 Kilometer gedauert, bis die Spitzengruppe ging und dann war niemand von Androni-Giocattoli dabei, dem Team von "Grande Gianni Savio", auch Zirkus-Direktor genannt.

Ich selbst bin ja auch mal ein Jahr dort gefahren und kenne ihn und seine Art sehr gut: immer freundlich und gut gekleidet, läuft er am Start und Ziel auf und ab, dabei immer mit den Händen am Gestikulieren, eben wie ein Zirkus-Direktor, der sein Publikum anheizen und die Spannung zum Kochen bringen möchte.

Was dann passiert ist, konnte jeder sehen: Das ganze Team Androni-Giocatoli musste zur Strafe der Spitzengruppe nachfahren, um sie eventuell wieder einzuholen bzw. eher um in den Beinen zu spüren, sich beim nächsten Mal noch etwas mehr ins Zeug zu legen, um dann tatsächlich in der Spitzengruppe vertreten zu sein.

Solche Strafaktionen gab es in der Geschichte des Radsports schon öfter, aber in einem Giro d'Italia ist dies aus meiner persönlichen Sicht eher nicht so sinnvoll, denn die Fahrer werden davon auch nicht besser, im Gegenteil.

Aber gelitten haben wir am Ende alle. Wir hatten nach 250 Kilometern immer noch einen Schnitt von über 41km/h, und das bei 2800 Höhenmetern. Egal, wen man gefragt hat, alle waren ziemlich gut durch.

Vielleicht hat es auch deshalb wieder einige und teils sogar schwere Stürze gegeben, leider war auch Fabian Wegmann betroffen. Auf diesem Weg gute Besserung für ihn, besonders da seine Verletzung, wenn die Meldungen sich bewahrheiten, doch sehr schwerwiegend ist.

Da wir unser Quartier in der Weinregion Barolo aufgeschlagen haben, in der ja dann heute das Zeitfahren stattfand, könnt ihr euch sicher vorstellen, dass wir uns auch mal ein Gläschen vom feinsten Barolo genehmigt haben.

Die Gegend an sich und vor allem die Weinreben, das ist alles sehr sehenswert, aber umso anspruchsvoller war das Zeitfahren heute. Und zur Abwechslung hat es dann auch mal wieder geregnet, was das Bergabfahren zu einer spannenden Angelegenheit gemacht hat.

Persönlich bin ich ganz gut vorangekommen, obwohl ich ohne jegliche Ambition gestartet bin. Aber manchmal ist es eben gut, ohne jeglichen Druck zu fahren und einfach dem Gefühl zu folgen.

Patrik Gretsch konnte nach sehr langer Zeit endlich auch mal wieder sein Können als Zeitfahrer unter Beweis stellen, auch wenn es am Ende bei der Qualität dieses Zeitfahrens nicht für ganz vorn gereicht hat. Nachdem er sich heute ausgetobt hat, kann er ab morgen ja wieder seine Flöhe im Rennen einsammeln.

Gespannt bin ich in der nächsten Woche auf unser kleines kolumbianisches Pony Julian Arredondo -  sein erster Giro und schon im Bergtrikot. Tatsächlich hat er gute Chancen, ernsthaft um den Sieg in dieser Sonderwertung mitzufahren. Das wäre für ihn und unser Team eine schöne Sache, denn im Kampf um das Rote Trikot wird es für Giacomo doch schwer.

Mal schauen, was uns der morgige Tag offeriert, auf eines hoffen wir zumindest sehr: keinen Regen.

Vino Rosso per tutti & Fight 4 Pink

Euer Danilo


Danilo Hondo (Trek Factory Racing) bestreitet in diesem Jahr bereits seinen siebten Giro d`Italia. Auf radsport-news.com führt der zweifache Etappensieger der Italien-Rundfahrt Tagebuch.

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.06.2014„Mann, seht ihr fertig aus“

(rsn) - Mit  Verzögerung schicke ich noch eine kleine Abschlussbilanz zur Italien-Rundfahrt. Nach dem Finale in Triest habe ich einfach ein bisschen Ruhe gebraucht und war zwei Tage gar nicht im In

01.06.2014Am Zoncolan mittendrin statt nur dabei

Wieder unglaublich, welche die Mühe sich die vielen Tifosi gemacht haben, um diesen Mythos zu befahren oder zu besteigen, allein um uns zu erwarten und anzufeuern oder sogar ein kleines Stück hinauf

30.05.2014Von wegen halber Ruhetag

(rsn) - Wahnsinn, wie schnell einen die Realität nach dem großartigen Erfolg von gestern wieder einholt. Da waren wir am Abend noch so euphorisch und alles schien so leicht und locker, keine Schmerz

29.05.2014Grande Julian Arredondo mit Granaten-Stimulation

(rsn) - Endlich, wir haben gewonnen, Grande Julian Arredondo! Er hat heute einem großartigen Giro unserer Mannschaft den i-Punkt aufgesetzt. Wir freuen uns alle für unser unermüdliches kolumbianisc

29.05.2014Der Giro möchte sicher Quintana als Sieger sehen

(rsn) - Wie froh man doch ist, wenn am Start die Sonne scheint und es laut Streckenprofil erst einmal 30 Kilometer bergab geht. Man fühlt sich nach dem gestrigen Tag wie ein anderer Mensch, obwohl ic

27.05.2014Mit vereisten Brillen im Blindflug den Gavia runter

(rsn) - Allein aus der heutigen Etappe könnte man einen Film machen, und zwar mit dem Titel: „Wir waren Helden“. Alles ein Wahnsinn! Normalerweise hätte man gesagt, der Platz ist unbespielbar, a

26.05.2014Schreckliche Erinnerungen an den Passo Tonale

(rsn) - Was für eine geile Etappe: tellerflach, rechts und links entlang der Straße Hunderttausende von Zuschauer und dann mit Vollgas den Berg hinauf. Wie ich bereits in meinem letzten Eintrag gesc

24.05.2014Allein unter Bergziegen

(rsn) - Da ahnt man nichts Böses und schon ist man in der Gruppe des Tages und dann noch bei einem solch schweren Profil. Na ja, zum Glück habe ich mich ganz gut gefühlt und mich schlauerweise au

23.05.2014Der Giro ist und bleibt verrückt

(rsn) - Und plötzlich war überall Schnee und Eis auf der Straße....., wieder einmal wurden wir im Finale vom hereinbrechenden Wetterchaos überrascht. Der Giro d´Italia ist und bleibt verrückt.

20.05.2014Vielleicht glänzt Geschkes Bart in Savona

(rsn) - Heute waren sich alle einig, es nach dem Ruhetag noch einmal etwas ruhiger angehen zu lassen. Schlussendlich sinnvoll, denn es war klar, dass es heute einen Sprint geben sollte, und die Teams

19.05.2014Von Belfast bis Modena ein Fest in Rosa

(rsn) - Der Radsport ist tot, es lebe der Radsport. Unter diesem Motto kam gestern und auch all die Tage davor der Mythos Giro d´Italia in seiner ganzen Pracht und Vielfalt zum Vorschein. Die m

18.05.2014Das war wieder eine sensationelle Etappe für uns

(rsn) - Es ist 20:40 Uhr und wir sind doch tatsächlich schon im Hotel. Sicher, wir mussten heute wieder einmal in den verschiedensten Kategorien zum Podium, aber schlussendlich waren es dann immerhin

Weitere Radsportnachrichten

02.06.2024Sprintzug nahe an der Perfektion: Pedersen holt Dauphiné-Auftakt

(rsn) - Der Auftakt des 76. Critérium du Dauphiné (2.UWT) wurde zur erwarteten Sprintershow. Nach 172,5 Kilometern rund um Saint Pourcain sur Sioule setzte sich am Ende der 1. Etappe der Däne Mads

02.06.2024Oise: Amann fehlten 150 Meter zum Sieg, Rüegg Bergkönig

(rsn) - Gut 150 Meter fehlten Dominik Amann (Team Vorarlberg) beim Abschluss der Ronde de l`Oise (2.2) zu seinem ersten UCI-Sieg. Der Österreicher hatte nach einem Sturz gut 1000 Meter vor dem Ziel

02.06.2024Kathrin Schweinberger jubelt erstmals in Belgien

(rsn) – Kathrin Schweinberger (Ceratizit – WNT) hat beim belgischen Eintagesrennen Dwars door de Westhoek (1.1) ihren ersten Saisonsieg eingefahren. Die 27-jährige Österreicherin verwies nach 1

02.06.2024Malopolska: Zoidls Mut wird mit einem Doppelschlag belohnt

(rsn) - Riccardo Zoidl (Felt - Felbermayr) hat sich mit seinem Sieg auf der abschließenden Königsetappe der Tour of Malopolska (2.2) noch den Gesamterfolg gesichert. Der Österreicher war an der 8,

02.06.2024Behrens klettert stark und verpasst im Sprint knapp das Podium

(rsn) - Niklas Behrens (U23-Nationalmannschaft) hat zum Abschluss der Friedensfahrt (2.NC) am Podium gekratzt. Auf dem abschließenden vierten Teilstück mit Ziel in Jesenik fuhr der 20-Jährige als

02.06.2024Abrahamsen düpiert in Brüssel die Sprinter, Ackermann Vierter

(rsn) – Jonas Abrahamsen (Uno-Mobility) hat bei der 104. Brussels Cycling Classic (1.Pro) die Sprinter düpiert und sich nach 218,4 Kilometern mit Start und Ziel in der belgischen Hauptstadt Brüs

02.06.2024Evenepoel beim Critérium du Dauphiné ohne konkrete Ziele

(rsn) – Nach seinem Schlüsselbeinbruch bei der Baskenland-Rundfahrt kehrt Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) mit bescheidenen Zielen zum 76. Critérium du Dauphiné ins Feld zurück. “Ehrlic

02.06.2024Startet die Vuelta a Espana 2025 im Piemont?

(rsn) – Die diesjährige Vuelta a Espana beginnt am 17. August mit einem Einzelzeitfahren in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon, die Gran Salida 2026 ist für Monaco vorgesehen. Wie Renndirekt

02.06.2024Roglic ist vor der Tour-Generalprobe “auf Kurs“

(rsn) – Rund zwei Monate nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt kehrt Primoz Roglic wieder ins Feld zurück. Der Slowene führt Bora – hansgrohe beim 76. Critérium du Dauphiné a

02.06.2024Wilkos feiert Solosieg bei Sportland NÖ Womens Tour

(rsn) – Nachdem sie schon in St. Pölten am ersten Tag erfolgreich gewesen war, holte sich die Polin Katarzyna Wilkos (MAT ATOM Deweloper) auf dem vierten und vorletzten Tagesabschnitt der Sportlan

02.06.2024Betz und Breuer triumphieren beim Unbound XL

(rsn) – SB – dieses Kürzel stand beim Unbound XL nach 350 Meilen über die Gravelroads des US-Bundesstaates Kansas am Samstag für ´Sieg´. Denn in den längsten beiden Rennen des prestigeträch

02.06.2024Zabel radelte nach London zum Champions-League-Finale

(rsn) – Zu den rund 30.000 Dortmunder Fans, die im Londoner Wembley-Stadion das Champions-League-Finale zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid erlebten, gehörte auch Rick Zabel. Der gebürtige

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Critérium du Dauphiné (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Brussels Cycling Classic (1.Pro, BEL)