Geoghegan Hart gibt Giro verletzt auf

“Anfahrer“ Cavendish bringt Ackermann den Sieg

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "“Anfahrer“ Cavendish bringt Ackermann den Sieg"
Wer zuletzt jubelt, jubelt am besten: Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) | Foto: Cor Vos

17.05.2023  |  Am Ende gab es zunächst zwei jubelnde Sieger in Tortona. Direkt nach dem Zielstrich riss Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) die Arme in die Höhe, kurz danach ballte jedoch auch Jonathan Milan (Bahrain Victorious) die Faust. Wer hatte gewonnen? Das Foto-Finish gab Aufklärung – und sah um Millimeter schließlich Ackermann als Sieger der 11. Etappe des Giro d’Italia.

Auf dem längsten Teilstück der Rundfahrt nach 219 Kilometer von Camaiore nach Tortona kam Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) vor Mads Pedersen (Trek – Segafredo) auf Platz drei. Es gilt jedoch auch: Offenbar kommt kein Tag ohne Dramatik aus. Der Gesamtdritte Tao Geoghegan Hart (Ineos Grenadiers) musste die Rundfahrt unterwegs nach schwerem Sturz in einer Abfahrt aufgeben. Sein Teamkollege Geraint Thomas kam in der Situation ebenfalls zu Fall, konnte jedoch sein Rosa Trikot verteidigen.

Trek – Segafredo dominierte die Anfahrt auf den letzten Kilometer, doch im Finale gingen Pedersen dann die Anfahrer aus, weshalb der Däne seinen Sprint extrem früh lancieren musste. Aus seinem Windschatten zog Cavendish mit Ackermann am Hinterrad an ihm vorbei. Zu dritt lieferten sich einen zermürbenden, langen Sprint. Auf der rechten Seite rauschte zudem Milan mit Überschuss an Geschwindigkeit auf den Zielstrich zu – und überquerte scheinbar auf gleicher Höhe mit Ackermann die Linie. Das Foto-Finish sah jedoch Ackermann vorne. Auf Platz sieben kam Marius Mayrhofer (DSM).

"Es war sehr nervös, Ryan (Gibbons) hat einen großartigen Job gemacht, um mich nach vorne zu bringen. Dann habe ich Cav (Mark Cavendish) vor mir gesehen und ihn dann als Leadout genutzt. Es war extrem eng, aber ich bin super happy, dass ich zeigen konnte, dass ich noch da bin", sagte Ackermann zu seinem ersten Saisonsieg. Beim Giro ist es sein dritter Etappensieg, bereits 2019 war er bei zwei Teilstücken erfolgreich. Mit Blick auf den restlichen Giro fügte Ackermann im Siegerinterview an: "Ab jetzt schaue ich von Tag zu Tag, aber ich denke, dass ich jetzt ohnehin nur noch fliegen werde."

Ackermanns Sportlicher Leiter Fabio Baldato sagte im Ziel: "Ich denke, der Sieg wird dem Team ein bisschen Sicherheit geben und ein Booster sein nach dem, was zuletzt passiert ist. Auch heute war das Wetter wieder schwierig, jede Kurve kann ein Risiko sein. Auf der letzten Etappe mussten wir etwas mehr aufs Gesamtklassement schauen, heute konnten wir Ryan (Gibbons) für Ackermann abstellen. Das hat er richtig stark gemacht.“

Für die Favoriten bot der Tag indes mehr Aufregung als man sich gewünscht haben dürfte. Rund 65 Kilometer vor dem Ziel kamen auf nasser Straße in einer Abfahrt unter anderem der Gesamtführende Thomas, Primoz Roglic (Jumbo – Visma) und Geoghegan Hart zu Fall. Während Thomas und Roglic ihre Fahrt jedoch schnell fortsetzen konnten, blieb der Gesamtdritte schwer gezeichnet vom Sturz liegen. Noch an Ort und Stelle musste der Brite den Giro aufgeben und wurde im Krankenwagen abtransportiert.

Thomas sagte im Ziel zum Sturz: "Ich bin über einen UAE-Fahrer gestürzt, hinter uns war dann Chaos. Ich habe gesehen, dass Tao offenbar schwer verletzt war und nicht aufstehen konnte. Auch Roglic hatte Schürfwunden an der Hüfte. " Der UAE-Fahrer, der den Sturz ausgelöst hatte, war Alessandro Covi . Thomas sprach ihm aber kein Schuld zu. "Es war nicht Covis Fehler, sowas passiert in einem Rennen. Aber das ist auf jeden Fall ein großer Verlust für uns. Es passiert so viel während eines Giros. Wir müssen jetzt versuchen, uns wieder zu fokussieren, der Giro ist noch lang. Es kann auch noch weitere Stürze geben. Wir haben aber auf jeden Fall Optionen fürs Finale verloren und müssen jetzt die Taktik ändern."

In der Gesamtwertung liegt Thomas weiterhin mit zwei Sekunden vor Roglic an der Spitze des Klassements. Mit 22 Sekunden Rückstand folgt nun Joao Almeida (UAE Team Emirates), der den dritten Platz von Geoghegan Hart übernahm. Dahinter liegen Andreas Leknessund (DSM, +0:35) und Damiano Caruso (Bahrain Victorious, +1:28). Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) rückte nach auf Rang sechs vor (+1:52). In der Bergwertung führt weiterhin Davide Bais (Eolo – Kometa), in der Punktewertung liegt Jonathan Milan (Bahrain Victorious) vorne. Das Nachwuchsgtrikot trägt weiter Almeida.

So lief die 11. Etappe des Giro d’Italia

Nach dem Start in Camaiore an der toskanischen Küste fand sich dieses Mal – anders als an den Vortagen – bereits nach wenigen Kilometern die Fluchtgruppe des Tages zusammen. Das Sextett mit Alexander Konychev und Veljko Stojnic (beide Corratec - Selle Italia), Laurenz Rex (Intermarché – Circus - Wanty), Thomas Champion (Cofidis), Diego Pablo Sevilla (Eolo - Kometa) und Filippo Magli (Green Project – Bardiani CSF - Faizane) fuhr sich schnell einen Vorsprung von vier Minuten heraus, bekam im Anschluss aber auch nicht mehr Zeit zugestanden. Die Sprinterteams behielten das Renngeschehen frühzeitig unter Kontrolle.

Das Streckenprofil der 11. Etappe | Grafik: RCS Sport

Für die Fluchtgruppe blieben unterwegs immerhin die Sonderwertungen: Den Zwischensprint in Borghetto di Vara sicherte sich Stojnic, die erste Bergwertung am Passo del Bracco (3. Kategorie) Sevilla und die nächste am Colla di Boasi (3. Kat.) wieder Stojnic. Rund 75 Kilometer vor dem Ziel lag ihr Vorsprung allerdings nur noch bei 1:45 Minuten. Im Feld organisierten vor allem Movistar, Trek – Segafredo und Astana Qazaqstan die Nachführarbeit, die jedoch zwischenzeitlich durch den folgenreichen Sturz um Thomas, Roglic und Hart unterbrochen wurde – und der letztendlich zum Aus für Hart führte.

Mit Pavel Sivakov war zudem ein weiterer Ineos-Fahrer schwerer in den Sturz verwickelt. Der Franzose kam mit mehreren Minuten Rückstand ins Ziel. Roglic und Thomas fanden derweil schnell wieder Anschluss nach vorne.

Aus der Fluchtgruppe sicherte sich Stojnic ebenfalls den Zwischensprint in Busalla und 40 Kilometer vor dem Ziel auch die letzte Bergwertung am Passo della Castagnola (4. Kategorie). Im Feld dahinter nutzte Jayco – AlUla den Anstieg zu einer zwischenzeitlichen Tempoforcierung, um die Sprintkonkurrenz zu zermürben – unter anderem verlor Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) kurzzeitig den Anschluss. Doch in der Abfahrt rollte alles wieder zusammen und das Feld schluckte mit Konychev, Champion, Sevilla und Magli 36 Kilometer vor dem Ziel die ersten Ausreißer.

Damit befanden sich nur noch Stojnic und Rex vor dem Feld. Sie verteidigten sich zäh, waren gegen die Übermacht der Sprinterteams aber chancenlos. Insbesondere Trek – Segafredo investierte zu jener Phase viel Arbeit in der Verfolgung. Erst war Stojnic eingeholt, Rex kämpfte sich hingegen bis zur Fünf-Kilometer-Marke, ehe auch seine Flucht beendet war. Im Anschluss gehörte den Sprintern die Bühne.

Ackermann kam perfekt vom Hinterrad Cavendishs und konnte den Briten knapp hinter sich lassen. Doch auf der anderen Straßenseite rauschte Milan mit großem Geschwindigkeitsüberschuss schnell näher. Auf der Linie war der Italiener nur wenige Millimeter hinter dem Deutschen.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.05.2024Pogacar nach Giro-Triumph entspannt zur Tour

(rsn) – Die 107. Austragung des Giro d´Italia stand ganz im Zeichen von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Der Slowene drückte der Rundfahrt vom Start weg seinen Stempel auf, gewann fast ein Drit

23.11.2023Buitrago will erstmals zur Tour und um das Weiße Trikot kämpfen

(rsn) – Nach zwei Giro-Etappensiegen in den beiden vergangenen Jahren hofft Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) in der kommenden Saison auf sein Tour-de-France-Debüt. Dann möchte der Kolumbiane

31.07.2023Baudin nach Tramadol-Missbrauch vom Giro disqualifiziert

Neo-Profi Alex Baudin (AG2R - Citroen) ist nachträglich vom Giro d´Italia 2023 ausgeschlossen worden. Das teilte die UCI am Montag mit. Grund dafür ist der Fund des Schmerzmittels Tramadol in den B

04.06.2023ASO plant Corona-Protokoll für die 110. Tour de France

(rsn) – Nachdem beim diesjährigen Giro d’Italia zahlreiche Fahrer wegen Corona-Infektionen ausschieden, werden die Organisatoren der Tour de France laut der französischen Nachrichtenagentur AFP

01.06.2023“Fanboy“ Heßmann zitterte mit Roglic am Monte Lussari

(rsn) – Viel besser hätte das Grand-Tour-Debüt für Michel Heßmann (Jumbo – Visma) nicht laufen können. Während der Deutsche mit einigen Teamkollegen auf dem Monte Lussari wartete, sicherte s

31.05.2023Thomas enttäuscht, “dass ich es nicht vollenden konnte“

(rsn) – Um ganze 14 Sekunden musste sich Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) beim 106. Giro d´Italia Primoz Roglic (Jumbo – Visma) geschlagen geben. Der 33-jährige Slowene nahm dem Briten am vorle

31.05.2023Startet Giro-Sieger Roglic auch bei der Tour de Suisse?

(rsn) – Giro-Sieger Primoz Roglic wurde am Dienstag in Amsterdam von seinem Team Jumbo – Visma mit einer großen Feier geehrt. Die Veranstaltung nutzte der niederländische Fernsehsender NOS, um d

30.05.2023Pinot will nach dem Giro auch die Abschieds-Tour

(rsn) – Nach seiner erfolgreichen Abschiedsvorstellung beim Giro d’Italia, den er auf Rang fünf beendete, will Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) nun auch ein letztes Mal bei der Tour de France sta

29.05.2023Kriegers Giro-Leiden wurden mit Rang fünf in Rom belohnt

(rsn) - Alexander Krieger (Alpecin - Deceuninck) beendete den mit vielen Tiefschlägen verbundene 106. Giro d`Italia mit einem sportlichen Ausrufezeichen. Der Stuttgarter belegte auf der Schlussetappe

29.05.2023Entdeckungen und Überraschungen: Die Geschichten des Giro

(rsn) – Vor dem 106. Giro d’Italia schien die Ausgangsposition klar zu sein: Es würde ein Duell um den Gesamtsieg zwischen Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Jumbo – Vis

29.05.2023Ackermanns Traum vom Sieg beim Giro-Finale endete in der Bande

(rsn) - Vor drei Jahren gewann Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) in Madrid die Schlussetappe der Vuelta a Espana. Das Kunststück wollte der Pfälzer auch beim 106. Giro d’Italia beim Finale in R

28.05.2023Thomas lotst Cavendish in Rom zum letzten Etappensieg

(rsn) – Sieben Sprints hatte der 106. Giro d’Italia und jedes Mal gab es einen anderen Sieger. Beim letzten Akt spurtete Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) in Rom nach 126 Kilometern mit großem Vo

Weitere Radsportnachrichten

02.06.2024Malopolska: “Mutiger“ Zoidl zum Abschluss mit Doppelschlag

(rsn) - Riccardo Zoidl (Felt - Felbermayr) hat sich mit seinem Sieg auf der abschließenden Königsetappe der Tour of Malopolska (2.2) noch den Gesamterfolg gesichert. Der Österreicher war an der 8,

02.06.2024Behrens klettert stark und verpasst im Sprint knapp das Podium

(rsn) - Niklas Behrens (U23-Nationalmannschaft) hat zum Abschluss der Friedensfahrt (2.NC) am Podium gekratzt. Auf dem abschließenden vierten Teilstück mit Ziel in Jesenik fuhr der 20-Jährige als

02.06.2024Abrahamsen düpiert in Brüssel die Sprinter, Ackermann Vierter

(rsn) – Jonas Abrahamsen (Uno-Mobility) hat bei der 104. Brussels Cycling Classic (1.Pro) die Sprinter düpiert und sich nach 218,4 Kilometern mit Start und Ziel in der belgischen Hauptstadt Brüs

02.06.2024Evenepoel beim Critérium du Dauphiné ohne konkrete Ziele

(rsn) – Nach seinem Schlüsselbeinbruch bei der Baskenland-Rundfahrt kehrt Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) mit bescheidenen Zielen zum 76. Critérium du Dauphiné ins Feld zurück. “Ehrlic

02.06.2024Startet die Vuelta a Espana 2025 im Piemont?

(rsn) – Die diesjährige Vuelta a Espana beginnt am 17. August mit einem Einzelzeitfahren in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon, die Gran Salida 2026 ist für Monaco vorgesehen. Wie Renndirekt

02.06.2024Roglic ist vor der Tour-Generalprobe “auf Kurs“

(rsn) – Rund zwei Monate nach seinem schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt kehrt Primoz Roglic wieder ins Feld zurück. Der Slowene führt Bora – hansgrohe beim 76. Critérium du Dauphiné a

02.06.2024Wilkos feiert Solosieg bei Sportland NÖ Womens Tour

(rsn) – Nachdem sie schon in St. Pölten am ersten Tag erfolgreich gewesen war, holte sich die Polin Katarzyna Wilkos (MAT ATOM Deweloper) auf dem vierten und vorletzten Tagesabschnitt der Sportlan

02.06.2024Betz und Breuer triumphieren beim Unbound XL

(rsn) – SB – dieses Kürzel stand beim Unbound XL nach 350 Meilen über die Gravelroads des US-Bundesstaates Kansas am Samstag für ´Sieg´. Denn in den längsten beiden Rennen des prestigeträch

02.06.2024Zabel radelte nach London zum Champions-League-Finale

(rsn) – Zu den rund 30.000 Dortmunder Fans, die im Londoner Wembley-Stadion das Champions-League-Finale zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid erlebten, gehörte auch Rick Zabel. Der gebürtige

02.06.2024Defekt, Sturz, 2 Minuten Rückstand - Sprintsieg: Klöser gewinnt Unbound

(rsn) – Ein Jahr nach Carolin Schiff hat erneut eine Deutsche das ´Hauptrennen´ der Frauen beim Gravel-Highlight Unbound gewonnen. Die in Kopenhagen lebende Rosa Klöser setzte sich nach 327 Kilom

02.06.2024Morton bezwingt Haga im Sprintduell beim Unbound 200

(rsn) – Lachlan Morton hat das 200-Meilen-Rennen der Männer beim Unbound Gravel in Emporia im US-Bundesstaat Kansas gewonnen. Der in Boulder in Colorado lebende, 32-jährige Australier setzte sich

02.06.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Critérium du Dauphiné (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Brussels Cycling Classic (1.Pro, BEL)